Schloß Loersfeld
Ein kontrastreiches Aufeinandertreffen moderner Küche und Werten aus der guten alten Zeit.
Bericht: Sascha Perrone | Fotos: Sascha Perrone
- 11.01.2018 -
Als Ziel meiner ersten kulinarischen Reise in die Region im Jahr 2018, habe ich mir das Restaurant im Kerpener Schloß Loersfeld ausgesucht. Schon seit langem steht dieses Restaurant ganz weit oben auf meiner Liste, doch leider habe ich in der turbulenten zweiten Jahreshälfte 2017 einfach nicht die Gelegenheit gefunden, Schloß Loersfeld zu besuchen. Dies sollte sich nun, am gestrigen Donnerstag, endlich ändern.
Je nachdem, von wo aus in Düsseldorf man startet, sind es 40 bis 60 Kilometer Autofahrt nach Kerpen, für die man, wenn man wie ich von Gerresheim aus startet, eine knappe Stunde unterwegs ist. Oft werde ich gefragt, ob ich eigentlich bescheuert sei, eine Stunde Fahrt einfache Strecke "nur um zu Essen" auf mich zu nehmen. Die einzig passende Antwort ist, dass man bescheuert ist, wenn man es nicht tut. Zum Konzert, zum Fußball, zum Outlet-Center oder für alle möglich andere Gelegenheiten, nimmt man solche Strecken schließlich auch auf sich. Warum also nicht fürs Essen, einem unserer existentiellen Grundbedürfnisse?!
Aber gut, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Mir ist es den Weg auf jeden Fall Wert und so erreiche ich, gut gelaunt und voller Vorfreude, Schloß Loersfeld.
In dem Moment, als die Stimme des Navi den Satz "Sie haben das Ziel erreicht" verlauten läßt, bin gleich das erste Mal an diesem Tag schwer beeindruckt, denn nun biege ich durch ein Eingangstor auf das 10 Hektar große Anwesen ein und finde mich nicht nur in einem riesigen Landschaftspark, sondern sogleich auch in einer anderen Welt wieder.
In Schrittgeschwindigkeit fahre ich den Weg entlang, an dessen Ende sich das Schloß befindet. Jetzt im Januar ist es wahrscheinlich die unspektakulärste Zeit des Jahres, denn die Weihnachtsbeleuchtung ist abgehangen und die Landschaft erscheint in winterlicher Tristesse. Dennoch ist die Atmosphäre sehr beeindruckend und lässt mich auf dem Weg vom Parkplatz zum Restaurant kurz inne halten, um mir vorzustellen, wie schön es erst im blühenden Frühjahr, Sommer oder goldenen Herbst hier sein mag.
Nicht weniger beeindruckend ist die Kulisse im Schloßinneren, obwohl ich zunächst gar nicht die Zeit habe, dies alles auf mich wirken zu lassen. Denn beim Betreten des Schloß beginnt gleich der, sich durch den ganzen Besuch hindurchziehende, TOP Service mit namentlichem Empfang, Geleiten zum Tisch und Stuhl ranschieben. Ist ja heutzutage eigentlich total "old school" und aus der Mode, aber hier, an diesem Ort, passt es einfach und mich beschleicht sogleich das Gefühl der Wertschätzung.
Verantwortlich für den exzellenten Service ist das Team um Restaurantleiter und Sommelier Ulrich Ternierßen, der, im ausdrücklich positiv gemeinten Sinne, noch "Einer von deralten Schule ist" und gekonnt professionell und fachmännisch durch den Lunch führt.
So bin ich nach kurzer Zeit mit Brot, Butter, Aperitif, Speise- und Weinkarte ausgestattet und kann das Ambiente und die Atmosphäre in aller Ruhe auf mich wirken lassen.
Historisch ist es hier. Knarrende Dielen, viel dunkles Holz. Bilder, Möbel, Leuchter und Accessoires aus einer längst vergangnen Zeit zieren den Speiseraum. Die Uhr an der Wand neben mir beispielsweise stammt aus dem Jahr 1840. Insgesamt blickt das Anwesen, wie mir Ulrich Ternierßen erzählt, sogar auf eine über 750-jährige Geschichte zurück.
Verglichen mit dieser beeindruckenden Historie ist das 25-jährige Jubiläum, welches das Restaurant im vergangenen Jahr hier feierte, eine sehr kurze Zeit, die aus kulinarischer Sicht jedoch effektiv genutzt wurde, um die hier herrschenden Ansprüche umzusetzen. So ist das Restaurant seit 1999 mit einem Stern im Guide Michelin und aktuell im Gutso mit 7 Pfannen und im Feinschmcker mit 2 F ausgezeichnet.
Verantwortlich für die ausgezeichnete Küche ist die ambitionierte Küchenchefin Julia Komp, die vor knapp drei Jahren das Zeptner in der Küche übernahm und mit ihren "zarten" 28 Jahren die jüngste Sterneköchin Deutschlands ist. Sie prägt hier, mit ihrem jungen und hoch motiviertem Küchenteam, den Stil einer modernen Küche mit Einflüssen aus Europa, Asien und Afrika.
So sind auf der aktuellen Speisekarte Kreationen wie "Schweinebacke aus der Bretagne mit Sternanis, Soja und Dim Sum", "Baba Ghanoush mit Kichererbse, Schafskäse und Granatapfel" oder auch "Taube mit thailändischem Massamam Curry, Reis und Cashew" zu finden - um nur einige Beispiel zu nennen. Die Gerichte können entweder à la carte genossen oder als vier- bis achtgängige Menüs kombiniert werden.
Ich entscheide mich für vier Gänge, die ich mir individuell zusammenstelle und wähle dazu eine Weinbegleitung, bei der ich mich voll und ganz auf die Empfehlungen von Ulrich Ternierßen verlasse.
******
BROT, BUTTER & FINGERFOOD
Los geht es mit dreierlei von Brot und Butter, wobei es mir, neben einer gesalzenen und einer Nußbutter, vor allem die Chorizo-Butter angetan hat.
Wenige Augenblicke später folgt als Fingerfood ein Hörnchen mit Parmesam, ein Krustentiermacaron und gezupfte Ente. Alles sehr aromatisch und ein ansprechender kleiner Auftakt.
******
AMUSE
Anschließend erreicht mich als Gruß aus der Küche roh marinierter Kingfish, der von Avocado, Cocos und Granny Smith Apfel begleitet wird. Sehr harmonisch, schmackhaft und durch den Apfel mit einer herrlichen Frische ausgestattet.
******
FÄRÖER LACHS
Nuri | Yuzu | Gurke
Als nächstes erreicht mich ein wunderbares Stück Lachs von den Färöer Inseln, der u.a. mit Nuri, Gurke und Yuzu zubereitet wurde. Der Lachs ist hierbei von feiner Qualität und optimal gegart. Insgesamt durch die sauer-bittrigen Aromen der Yuzu gepaart mit einer tollen Würze und leichten Schärfe ein in sich sehr stimmiges Gericht.
******
HOLSTEINER PRIME BEEF
Miso | Pak Choi | Eigelb
Weiter geht es feinen Scheiben vom Holsteiner Prime Beef, das mit Buchweizennudeln, Pilzen und Pak Choi (chinersicher Senfkohl) im tiefen Teller angerichtet und am Tisch mit einem Miso-Sud angegossen wird. Dazu wird à part Eigelb gereicht, welches man nach eigenem gusto dosiert in den Teller geben kann.
******
SAIBLING IKE JIME
Safran | Chicoree | Chorizo
Bei der Hauptspeise fiel meine Wahl auf den Saibling. Dieser wurde nach der Ikejime Methode getötet, was, etwas laienhaft ausgdrückt bedeutet, dass um die Fleischqualität nicht zu beeinträchtigen bei der "Schlachtung" ein scharfes Messer in einen bestimmten Punkt im Hirn und Rückenmark des Fisches gestochen wird, was zum sofortigen Hirntod führt und wodruch verhindert werden soll, dass die Muskeln sauer werden. Ich bin ganz ehrlich, ich weiß nicht ob ich in einem "Tasting" einen Unterschied herausschmecken würde.
Ob Ike Jime oder nicht, dieser Fisch auf meinem Teller ist auf jeden Fall ein Genuss und wird von einem Graupenrisotto und Chicoree begleitet und harmoniert wunderbar mit Safran, der Salzigkeit von Algen und der tollen Würze und leichten Schärfe der Chorizo.
******
PRÉ DESSERT
Als Dessert vor dem Dessert wird die "Zitrusparty" serviert - ein in Stickstoff geeister Limoncello mit Zitronentarte und Zitrusfrüchten.
******
KAKI
Mango | Ziegenfrischkäse
Zum süßen Abschluß gibt es nochmal allerlei Köstliches aus Kaki und Mango auf den Teller, gepaart mit unterschiedlichen Varainten vom Ziegenkäse. Ein wunderbares Finale.
******
MEIN FAZIT:
In einer einzigartigen Kulisse und historischem Ambiente treffen zuvorkommende Tugenden aus der guten alten Zeit auf moderne, durch drei Kontinente geprägte, kulinarische Kreationen, eines jungen und ambitionierten Küchenteams um Küchenchefin Julia Komp.
Ich komme definitv wieder!
******
SCHLOSS LOERSFELD
Schloß Lörsfeld
50171 Kerpen
02273 - 57 755
Di. bis Sa.: 12.00 - 14.00 und 19.00 - 21.00 Uhr
So. und Mo.: geschlossen
www.schlossloersfeld.de
www.facebook.com/RestaurantKerpen